Unterscheidbarkeit
– 18. April 2024

Die Unterscheidbarkeit von Firmen

In seinem Entscheid vom 28. August 2023 klärt das Bundesgericht die Frage nach den Anforderungen an die Unterscheidbarkeit zweier Firmen (BGer 4A_238/2023).

Die Nobilis Estate AG (Klägerin) ist seit dem Februar 2012 im Handelsregister eingetragen. Im Juni 2021 liess sich die NOBILIS Switzerland GmbH (Beklagte) in das Handelsregister eintragen. Mit Klage vom November 2021 wollte die Klägerin der Beklagten verbieten, eine Firma mit dem Bestandteil «NOBILIS» zu führen. Die Vorinstanz hiess die Klage gut, die Beklagte gelangte an das Bundesgericht.

 

Anforderungen an die Firma

Umgangssprachlich verwenden wir «Firma» und meinen das ganze Unternehmen. Juristisch ist die «Firma» die Bezeichnung einer Gesellschaft oder Genossenschaft, quasi ihr Name. Art. 951 OR verlangt, dass sich die Firma einer Handelsgesellschaft oder einer Genossenschaft von allen anderen in der Schweiz bereits eingetragenen Firmen solcher Gesellschaften deutlich unterscheidet. Bei einem Konflikt kann der Inhaber der älteren Firma auf Unterlassung des Gebrauchs der jüngeren Firma klagen. Dafür muss allerdings eine Verwechslungsgefahr bestehen, was vom Gericht geprüft wird.

Grundsätzlich können Handelsgesellschaften und Genossenschaften ihre Firma frei wählen. Deshalb stellt die Rechtsprechung hohe Ansprüche an die Unterscheidbarkeit von Firmen. Diese sind strenger, wenn zwei Unternehmen zueinander im Wettbewerb stehen, sie also beispielsweise den gleichen Zweck verfolgen, oder wenn sie sich aus anderen Gründen an die gleichen Kundenkreise wenden (insbesondere bei geographischer Nähe der Unternehmen).

 

Begriff der Verwechslungsgefahr

Ob sich zwei Firmen ausreichend unterscheiden, muss aufgrund des Gesamteindrucks geprüft werden, den sie beim Publikum hinterlassen. Die Firmen müssen sich nicht nur bei gleichzeitigem aufmerksamem Vergleich deutlich voneinander unterscheiden, sondern sie müssen auch in der Erinnerung auseinandergehalten werden können.

In Erinnerung bleiben vor allem Firmenbestandteile, die durch ihren Klang oder Sinn herausstechen. Deshalb kommt ihnen eine höhere Bedeutung für die Beurteilung des Gesamteindrucks zu.

In unserem Fall stellt die Bezeichnung «Nobilis» beziehungsweise «NOBILIS» den Bestandteil dar, der auf die Verwechslungsgefahr hin geprüft werden muss. Das jeweils folgende Wort «Estate» und «Switzerland» weisen nur auf den jeweiligen Tätigkeitsbereich und das Gebiet hin, weshalb ihnen nur eine kleine Kennzeichnungskraft zukommt. Diese sind nicht geeignet, eine Verwechslungsgefahr zu beseitigen.

Das Bundesgericht bejahte im vorliegenden Fall die Verwechslungsgefahr und wies die Beschwerde der NOBILIS Switzerland GmbH ab. Letztere durfte die Firma nicht verwenden.

Bei Fragen zum Thema Gesellschaftsrecht stehen Ihnen unsere Anwältinnen und Anwälte gerne zur Verfügung.

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