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– Dezember 13, 2023

Ist Vorsorge besser als Nachsorge? Überlegungen zur Errichtung eines Vorsorgeauftrages

Der Vorsorgeauftrag zählt neben der Patientenverfügung und der Vollmacht zu den Verfügungen zu Lebzeiten. Durch ihn wird eine natürliche oder juristische Person bestimmt, die im Falle der Urteilsunfähigkeit der Verfasserin die Personensorge und/oder Vermögenssorge inklusive Vertretung im Rechtsverkehr übernimmt.

Die Voraussetzungen zur Errichtung eines Vorsorgeauftrags

Die Verfasserin des Vorsorgeauftrags muss handlungsfähig sein, also volljährig und urteilsfähig. Die Volljährigkeit erlangt man in der Schweiz mit Abschluss des 18. Lebensjahres (Art. 14 ZGB).

Urteilsfähig ist, wem nicht aufgrund einer geistigen Behinderung, psychischen Störung, Rausch oder ähnlicher Zustände die Fähigkeit mangelt, vernunftgemäss zu handeln. Auch Kinder sind noch urteilsunfähig. Ab welchem Alter ein Kind nicht mehr urteilsunfähig ist, wird vom Gesetz nicht definiert und hängt von der Entwicklung des Kindes ab. Zum vernunftgemässen Handeln zählen die Fähigkeiten, Situationen einzuschätzen und einen Willen zu bilden (Willensbildungsfähigkeit) und gemäss diesem Willen zu handeln (Willensumsetzungsfähigkeit). Fehlen diese Fähigkeiten, gilt man als urteilsunfähig.

Zudem muss der Vorsorgeauftrag entweder von Anfang bis Ende von Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet (analog Testament) oder durch einen Notar öffentlich beurkundet werden.

Der Inhalt des Vorsorgeauftrages

Möchten Sie einen Vorsorgeauftrag verfassen, sollten Sie sich im Vorfeld diese Fragen stellen:

  • Wie und von wem möchte ich in persönlichen Angelegenheiten umsorgt werden? (Personensorge)
  • Wer verwaltet das Vermögen und auf welche Art? (Vermögenssorge)
  • Wie soll die beauftragte Person entschädigt werden?

Hinterlegung des Vorsorgeauftrages

Wie auch das Testament nützt der Vorsorgeauftrag nichts, wenn die eingesetzten Personen und die zuständigen Behörden im entscheidenden Zeitpunkt nichts davon wissen. Dies zu verhindern, liegt grundsätzlich in den Händen der Verfasserin. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen möchten, können Sie die Errichtung Ihres Vorsorgeauftrages beim Zivilstandsamt anmelden. Dort wird ein Register der Vorsorgeaufträge geführt, in dem eingetragen wird, dass ein Vorsorgeauftrag errichtet wurde, wann dies geschah, von wem er errichtet wurde und wo dieser hinterlegt ist. Erfährt die Erwachsenenschutzbehörde von der Urteilsunfähigkeit einer Person, kann sie beim Zivilstandsamt nachfragen, ob ein entsprechender Vorsorgeauftrag bei ihnen angemeldet wurde und so schnell herausfinden, wo sich dieser befindet.

Beendigung des Vorsorgeauftrages

Der Vorsorgeauftrag kann von dem Errichter jederzeit widerrufen werden, solange er noch keine Wirkung erlangen hat (also solange der Vorsorgefall noch nicht eingetreten ist). Der Widerruf kann entweder eigenhändig oder mittels einer öffentlichen Beurkundung durch den Notar erklärt werden. Alternativ kann der Vorsorgeauftrag vernichtet werden. Wichtig dabei ist, dass keine weiteren Exemplare oder Kopien vom vernichteten Vorsorgeauftrag vorhanden sind, damit klar ist, dass kein Vorsorgeauftrag mehr besteht. Auch wenn ein neuer Vorsorgeauftrag erstellt wird, endet der vorherige, solange es sich nicht um eine eindeutige blosse Ergänzung handelt.

Wird die Verfasserin nach Urteilsunfähigkeit zu irgendeinem Zeitpunkt wieder urteilsfähig (erwacht sie beispielsweise wieder aus dem Koma), endet der Vorsorgeauftrag von Gesetzes wegen. In solchen Fällen ist es aber ratsam, die Erwachsenenschutzbehörde über die Wiedererlangung der Urteilsfähigkeit zu informieren, damit Missverständnisse vermieden werden können.

Der Vorsorgeauftrag erlischt auch, wenn der Verfasser stirbt. Jedoch kann im Vorsorgeauftrag festgehalten werden, dass dieser über den Tod hinausgeht. In solchen Fällen sind dann die allgemeinen Bestimmungen des Obligationenrechts anwendbar und nicht mehr jene des Erwachsenenschutzrechts.

Folgen ohne Vorsorgeauftrag

Wird kein Vorsorgeauftrag errichtet, wird bei Urteilsunfähigkeit der Person ein Beistand eingesetzt. Dieser arbeitet immer im Auftrag der Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und ist verpflichtet, den mutmasslichen Willen der verbeiständeten Person zu berücksichtigen.

Was spricht gegen einen Vorsorgeauftrag?

Die Errichtung eines Vorsorgeauftrags ist nicht zu empfehlen, wenn kein Vertrauen gegenüber der beauftragten Person besteht, da diese letztendlich jegliche Entscheidungen für Sie trifft. Auch kann es sein, dass man Verwandten, Freunden oder Angehörigen keine Arbeit und Last aufbürden möchte. Steht die beauftragte Person in einem Interessenkonflikt, spricht dies ebenfalls gegen einen Vorsorgeauftrag beziehungsweise zumindest gegen das Einsetzen der Person als Vorsorgebeauftragter.

Sollten Sie Fragen zum Thema Notariat haben, stehen Ihnen unsere Notarin und unser Notar gerne beratend zur Seite.

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